Wenn man so wie wir auf einem Schiff wohnt, ist man dem Wind und Wetter viel mehr ausgesetzt, als in einer Wohnung an Land. Nicht ganz so, wie in einem Zelt, aber auch nicht so wie in einem Haus. Wohnt man in einem Haus, dann wartet man den Schauer oder die Kälte ab, geht für eine Zeit lang raus, zum Einkauf, zum Büro oder zum Auto und entspannt sich danach wieder im beheizten Wohnzimmer. Wir haben keine Heizung an Bord und auch die Feuchtigkeit ist kaum los zu kriegen, solange es draußen regnet oder Wellen überkommen. Hier im Westen Großbritanniens bringen die atlantischen Tiefdruckgebiete permanent Regen und viel Wind — meist aus westlichen Richtungen. Und das Ganze wechselt munter mit Einbrüchen warmer Luftfronten des Azorenhochs, so dass besonders hier in Irland immer wieder Fronten durchziehen. Soweit meine persönliche Großwetteranalyse, falls sich jemand meteorologisch besser auskennt und ich daneben liege, so möge er mir verzeihen. Bei zu viel Wind zu segeln, kann ganz schön anstrengend sein, besonders, wenn man gegenan muss. Ebenso die zermürbende Schaukelei in der Flaute. Nach Stunden oder Tagen fangen wir dann an zu träumen: “Bestimmt gibt es auf Iona Capuccino mit Soyamilch”, “… und eine Waschmaschine”, “… dann schlafen wir 10 Stunden am Stück” oder der Traum eines jeden Schlechtwetterseglers: “Eine schöne, warme Dusche!” Leider war dann die Dusche in Dublin viel zu kalt, da ist man schon fast wieder im moralischen Tief. Dafür gab es tatsächlich eine funktionierende Waschmaschine! In Dunstaffnage war die ersehnte Waschmaschine out of service gewesen und Frank hatte alles in der dafür aber schön warmen Dusche mit der Hand gewaschen. Nachdem die Wäsche fast trocken war, gab es einen kleinen, überraschenden Schauer … Insgesamt habe ich die Wäsche über zwei Tage immer wieder auf- und abgehängt.
Manchmal sieht es so aus, als kämen wir gar nicht voran, und plötzlich kommt Wind auf oder die Sonne bricht durch und taucht alles in ein zauberhaftes Licht. Dann kann ich nur noch ehrfürchtig staunen und bin von Dankbarkeit erfüllt, dass ich dies alles erleben darf. Die Natur um uns herum ist fantastisch und ist es Wert, die Mühe auf sich zu nehmen, sich in der Nacht nach 4 Stunden Schlaf in viele Schichten Kleidung zu hüllen und die nächste Wache zu übernehmen. Es ist wundervoll, mit der SAI MANGALAM auf dem glitzernden Wasser dahin zu gleiten, kleine Schweinswale auftauchen zu sehen und viele Wasservögel, deren Namen ich nicht kenne. Aber nichts ist beständig. Zieht der Sturm hierher oder an uns vorbei? Hält der Anker oder hängt er nur an einem Stein? Wie wird der Wind sein, wenn wir jetzt losfahren? Oder besser heute Abend? Wenn es ein Sinn des menschlichen Lebens ist, Erfahrungen zu machen, so ist diese Reise großartig. Baba sagte zu seinen Devotees “Liebt meine Ungewissheit”. Was heute noch sorgfältig geplant wird, ist morgen wieder komplett anders. Wir sind zu jeder Zeit gefordert, uns auf die neue Situation einzulassen und zu vertrauen, dass wir es meistern werden und darüber hinaus, dass für uns gesorgt ist.
Wir sind hier in Dublin gelandet, weil wir den Stürmen an der irischen Westküste ausweichen mussten. Außerdem war die Klemme gebrochen, die das Großfall festsetzt. Das Großfall ist das Seil, mit dem man das Großsegel hochzieht und man muss es im Notfall schnell los werfen können, die Klemme ist also ein Teil, was man braucht. Eine neue Klemme haben wir bei SVB in Bremen bestellt und per UPS Express hierher in den Hafen liefern lassen. Frank hat inzwischen alles eingebaut. Auch den neuen, längeren Bullenstander mit den entsprechenden Führungsrollen, der das Groß gegen das Hin- und Herschlagen in den Wellen sichert. Damit können wir die Fixierung des Großsegels nun auch vom Cockpit aus dichter holen, fieren oder auch los werfen und brauchen während des Segeln nicht mehr so oft auf das Vordeck.
Da wir in einer riesigen Marina im südlichen Vorort Dun Laoghaire (sprich: Dun Liri) liegen, besuchten wir Dublin City nur einmal zum Schuhe kaufen und für einen Spaziergang zum und durch den Botanischen Garten.
Die für uns schönste Attraktion von Dublin haben wir hier ganz in der Nähe entdeckt: Den Forty Foot Bathing Place. Ein inmitten der verwitterten Felsen liegender Badeplatz, der mit Betonflächen und eisernen Leitern hergerichtet wurde. Die Dubliner gehen hier seit über 250 Jahren in der Irischen See schwimmen. Es gibt sogar ein traditionelles Weihnachtsschwimmen.
Um weiter nach Süden, am besten gleich über die Biscaya nach Spanien zu kommen, lädt Frank alle paar Stunden Wetterdaten herunter und versucht, ein Fenster zu finden, dass uns mindestens bis nach Cornwall bringt, aber der Wind ist mit Böen der Stärke 7 und 8 im Moment einfach zu stark. Uns bleibt nur, Gulaschsuppe für die Biscaya vorzukochen und uns auszuruhen, während der Wind ums Schiff pfeift. Und wenn es passt, dann geht es los.
🤗👍 Toll! Biscaya erfolgreich gemeistert!
Wir freuen uns mit euch! Jetzt habt ihr euch im warmen Spanien eine Pause verdient. Herzliche Grüße Birgitt