Wenn wir uns morgen auf den Weg zu den Azoren machen, dann haben wir genau eine Woche hier vor George Town auf Great Exuma geankert. Die meisten unserer Nachbarn lagen wohl schon etwas länger hier. Einen Großteil der Zeit des Lockdowns haben wir glücklich in den Jumentos verbracht. Inzwischen hatte man sich hier im großen Naturhafen von George Town organisiert. Morgens um 8 Uhr fand über UKW eine Funkrunde statt, wo die neuesten Informationen über Regelungen für die boaters und Versorgungsmöglichkeiten ausgetauscht wurden. Lebensmittel, Gas und Wasser wurden zum Schiff geliefert, Müll mitgenommen. Abgesehen davon, dass die Preise des Exuma Markets astronomisch waren – für zwei Einkäufe Proviant und Wasser für die Atlantik-Passage zahlten wir rund 900€ — lies es sich ganz gut leben. Zweimal trafen wir uns sogar mit den Crews von einigen Nachbarschiffen in ein einer großen Hütte am Strand. Wir nannten das spontan Corona-Party, aber eigentlich waren alle nur happy nach Wochen der Isolation auf wenigen Quadratmetern eines schwimmenden Zuhauses mal ein paar andere Menschen zu treffen, die das gleiche Schicksal teilten.
Für unsere Rückreise hatte wir geplant, zunächst zu den Bermudas und von dort aus zu den Azoren zu segeln. Im Moment sind die Bestimmungen beider Inselgruppen so, dass man nicht an Land gehen darf, sondern nur ankern, Proviant und Wasser aufnehmen, also genau wie hier. In Bezug auf die Bermudas würde das außerdem bedeuten, dass wir uns Ein- und Ausklarieren müssten, aber keinen Geldautomaten aufsuchen könnten und auch kein Internet hätten, weil wir keine SIM-Karte kaufen können. Bei den Azoren ist das etwas anderes, denn sie gehören zu Portugal und damit wären wir dann schon wieder in Europa. Als EU-Bürger sind die Einreise-Formalitäten viel einfacher, wir zahlen in Euro und unsere englische SIM-Karte funktioniert wieder.
Aus diesen Gründen haben wir uns entschlossen, die Bermudas auszulassen und die Azoren direkt anzulaufen. Morgen früh machen wir uns auf den direkten Weg zu den Azoren und falls nötig, wären die Bermudas trotzdem nicht weit entfernt. Insgesamt liegen ca. 2.500sm vor uns und wir werden voraussichtlich 3 bis 4 Wochen unterwegs sein.
Möglicherweise hat sich die Situation in dieser Zeit auch schon so verändert, dass wir auf den Azoren in einen Hafen einlaufen und an Land oder zumindest an einen Quarantänesteg gehen dürfen. Der deutsche Verein Trans-Ocean arbeitet z.Z. daran, auf dieser traditionellen Rückreiseroute einige Transithäfen zu gewinnen, die zumindest einen bestimmten Steg für Atlantikrückkehrer öffnen. Im Gespräch sind neben Horta auf den Azoren, Falmouth in Cornwall, Den Helder und Cuxhaven. Das wäre für uns wirklich toll!
Nun hat sich also für morgen ein Wetterfenster aufgetan, dass uns zumindest für die ersten paar hundert Seemeilen günstige Winde verspricht. Also, worauf noch warten. Mehr als 50 gallons Wasser in Plastikkanistern sind in die Bilgen und in die Backbordkabine gewandert, das sind fast 200l Trinkwasser, dazu 300l Wasser in den Tanks hauptsächlich zum Kochen. Gaaanz selten mal eine Süßwasserdusche … Spülen, Zähneputzen, Körperpflege wird hauptsächlich mit Meerwasser gemacht. An frischem Proviant haben wir das genommen, womit wir gute Erfahrungen gemacht haben, bzw. das was es hier gab: 6 Weißkohlköpfe, 3 Butternut-Kürbisse, Kartoffeln, Zwiebeln, Orangen, Äpfel, Möhren liegen in feuchtem Sand in der Bilge, und 3kg grüne Paprika im Kühlschrank für die ersten Tage. Bestes Konserven-Proviant: Dosen mit gestückelten Tomaten, damit kann man fast alles aufpeppen.
Vier Wochen auf dem Ozean, ganz nah an Wind und Wellen, Sonne und Wolken. Wir wollen es so angehen, dass auf See zu sein, eine auf Dauer angelegte Lebensweise ist und wir nicht ständig die Tage bis zur Ankunft zählen. Mal sehen, ob das gelingt.
Heute reinigte Frank noch einmal einen Großteil des Rumpfes unter Wasser von frischem Bewuchs. Ich nutzte die Zeit, um das Meer und seine Geschöpfe mit drei Gayatri zu segnen und etwas Asche vom Ati Rudra Maha Yagna ins Wasser zu geben, so wie ich es immer wieder mal mache, als plötzlich ein großer Delfin mit einem etwas kleineren Delfin-Kind auftauchte. Frank schwamm auf sie zu und der große Delfin hatte Spaß daran, mit ihm zu spielen, tauchte unter Frank durch und legte sich dabei sogar auf den Rücken. Ich holte schnell meine Schnorchelsachen und die GoPro und kam dazu. Die beiden Delfine glitten durchs Wasser um uns herum, unter uns durch, tauchten auf, um zu atmen und kamen immer wieder ganz nah zu uns heran. Liebe Evelyn, gerne hätte ich Dir von dieser wunderbaren Erfahrung etwas abgegeben. Sie kamen so nah, dass man sie wirklich fast berühren konnte. Ich war über eine Stunde mit ihnen direkt neben der SAI MANGALAM im Wasser. Es war wirklich ein ganz bezauberndes und berührendes Abschiedsgeschenk an unserem letzten Tag in den Bahamas.
Was für ein wundervolles Abschiedsgeschenk. Wir wünschen Euch einen schönen und sicheren Törn zurück nach Europa, liebe Grüße
Wiebke & Ralf