Während der letzten viereinhalb Monate konnten wir den Passat genießen. Es gibt kein einfacheres Wetter, es bläst konstant mit ca. 4 Windstärken aus Osten bzw. im Osten des Atlantiks aus Nordosten. Ich glaube, insgesamt gab es in der Zeit 2 Phasen mit etwas mehr Wind (6 – 7 Windstärken) und 2 Phasen mit etwas weniger Wind (ca. 2 Windstärken). Diese Phasen gehen aber immer schnell vorüber und nach ein paar Tagen nimmt der Passat wieder seinen regulären Dienst auf. Wettervorhersage ist somit fast überflüssig.
Nun sind wir hier auf den Jungferninseln aber an der nördlichen Grenze des Passats angelangt und wir beginnen die Ausläufer der Hoch- und Tiefdruckgebiete zu spüren, die nördlich von uns existieren. Unser nächster Törn soll uns zu den Bahamas bringen (ca. 550 Seemeilen). Eigentlich wollten wir schon von St. Martin aus bis zu den Bahamas durchstarten. Aber ein Starkwindgebiet nördlich von uns hat uns den Weg versperrt, sodass wir nur die 80 Seemeilen bis zu den Jungferninseln gesegelt sind und hier gutes Wetter für die Überfahrt zu den Bahamas abwarten. Nun wird Wettervorhersage wieder lebenswichtig.
Früher in den 90er Jahren bei meinen Chartertörns hieß das ein oder zweimal am Tag Wettervorhersage auf UKW oder Grenzwelle abhören. Die Vorhersage erstreckte sich über 12 Stunden, die 12 Stunden danach wurden unter dem Titel „Aussichten“ bekannt gegeben. Mehr war nicht drin. Auch die räumliche Auflösung war sehr gering. Die Angaben bezogen sich auf ein ganzes Seegebiet. Bei Überfahrten von mehreren Tagen musste man immer das Risiko von unangenehmen Wetterentwicklungen auf sich nehmen.
Seit dem hat es eine enorme Entwicklung gegeben, die das Leben für uns Blauwassersegler enorm vereinfacht hat. Die Computersimulationen und die zugrunde liegenden Modelle sind inzwischen so gut, dass das Wetter damit recht zuverlässig für ca. 5 Tage vorhergesagt werden kann. Und die Tendenzen können sogar bis zu 10 Tage sinnvoll abgeschätzt werden. Windstärk und ‑richtung, Niederschlag, Wellenhöhe und Richtung der Wellen und vieles mehr werden nicht allgemein für ein Seegebiet vorhergesagt, sondern es gibt Karten, wo diese Werte sehr gut räumlich und zeitlich aufgelöst dargestellt werden. Wer sich interessiert: https://www.ventusky.com/ oder https://www.windy.com/ . Die wichtigste Quelle, um diese Karten zu bekommen ist für uns das Internet. Solange wir in Mobilfunkentfernung vom Land sind, laden wir so oft wir wollen diese Karten herunter. Nachdem der Starkwind nun durch ist, können wir auf diesen Karten sehen, dass es noch ein gewisses Gewitterrisiko in drei Tagen gibt und dass wir in drei Tagen in eine Flaute kommen könnten, falls wir zu weit südlich fahren,. Somit warten wir mit der Abfahrt noch bis morgen und halten uns dann etwas nördlich des direkten Weges.
Wenn wir dann draußen sind und keinen Mobilfunk mehr haben, laden wir diese Karten über den Satellitendienst Iridium herunter. Das ist relativ teuer. Wir haben für 750€ für ein Jahr 1000 Minuten gekauft. Die Bandbreite ist sehr sehr klein. Pro Minute kann man ca. 20 KB herunter laden. Nichts desto trotz gibt es Dienste, die die oben besprochenen Wetterkarten hoch komprimiert zum Download anbieten. Man kann genau wählen, welchen räumlichen und zeitlichen Umfang, welche räumliche und zeitliche Auflösung und welche Parameter man haben möchte. Bei großen Karten nimmt man dann lediglich die Windstärke und verzichtet auf Temperatur, Luftdruck usw. um Daten zu sparen. Die Karten werden an Bord in einer Software dargestellt, die auch die Kennziffern unseres Schiffes enthält, d.h. auf welchem Kurs wir bei welcher Windgeschwindigkeit wie schnell sind.
Damit kann dann der Verlauf der Fahrt relativ genau vorher gesagt werden. Sogar die Ankunftszeiten stimmen meistens ganz gut. Wir könnten vorhersehen, ob es sinnvoll ist, vom direkten Kurs abzuweichen um evtl. ein Flautengebiet oder auch einen Sturm zu umfahren. Stürmen sind wir bisher noch nicht ausgewichen bzw. wenn wir sie sahen, haben wir im Hafen oder vor Anker abgewartet. Am Anfang unserer Reise in der Nordsee und der Biskaya haben wir jedoch schon mehrmals Kurs und Zeitpunkt der Reise so gewählt, dass wir zukünftige Winddreher und Windstärkenänderungen zu unseren Gunsten ausgenutzt haben. Spannend wird das Ganze auf unserer Rückreise über den Nordatlantik werden. Dann sind die Winde wechselnd und wir hoffen, dass wir mit Hilfe von Iridium und guter Planung gut wieder zurück kommen werden.
Feedback - Fragen - Anmerkungen
Dein erster Kommentar wird erst nach unserer Freischaltung veröffentlicht, anders können wir der Spamflut leider nicht Herr werden. Ab dem zweiten Beitrag erscheinen die Kommentare sofort.