Im Vorfeld der Reise haben wir uns viele Gedanken gemacht, wie wir unsere Stromversorgung sicher stellen. Klar war, dass wir oft fernab von Häfen mit Landstrom sein würden, sodass ein autarkes System her musste. Hier sind wir beispielsweise 30 Seemeilen von der nächsten Steckdose für unser Boot entfernt und wahrscheinlich wird es noch mindestens eine Woche dauern, bis wir wieder eine Marina mit Landstrom besuchen werden. Die Angaben, wie viel Energie man täglich verbraucht, wie groß der Energiespeicher sein sollte und wie viel Energie man mit den verschiedenen Generatoren (Solarpaneel, Windgenerator, Schleppgenerator, Motor laufen lassen) gewinnen kann, waren nicht sehr konkret.
Als aller erstes wurde ein Batteriemonitor installiert. Es gibt Stimmen, die sagen, das sei das wichtigste Instrument an Bord. Der Batteriemonitor zählt jede Amperestunde, die aus der Batterie entnommen wird oder die hinein geladen wird. Damit hat man einen viel genaueren Überblick über den Batterieladestand, als wenn nur die Spannung gemessen werden würde. Außerdem zeigt der Batteriemonitor genau an, welcher Verbraucher wie viel Strom verbraucht und welche Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt durch die Generatoren erzeugt wird.
Eine Bestandsaufnahme all unserer Verbraucher (Kartenplotter, Logge, Echolot, Kajütbeleuchtung, Navigationslichter, UKW, AIS, Wasserpumpe, Satellitenfunk und PC für Wetterberichte) ergab ca. 40 – 50 Ah pro Tag. Dazu kommt dann der Kühlschrank, der alleine zwischen 60 und 90 Ah pro Tag verbraucht, je nach Außentemperatur. Die Planung haben wird dann so gemacht, dass der durchgehende Betrieb des Kühlschrankes nicht gewährleistet ist. Mit Kühlschrank erschien uns die Ausrüstung zu umfangreich und zu teuer. Die Bordspannung ist bei uns 12V wie üblich, manche Yachten haben auch 24V.
Batterien wollte ich mit einer Kapazität von ca. 450 Ah kaufen. Damit wäre die Energieversorgung für ca. 9 Tage ohne Kühlschrank gewährleistet – so dachte ich. Erstmal musste ich lernen, dass die tatsächliche Batteriekapazität nur ca. die Hälfte der Nennkapazität beträgt. Man könnte zwar die gesamte Kapazität entnehmen, schädigt dabei aber jedes mal erheblich die Batterie. So würden die Batterie keinesfalls 1 Jahr halten. Dann musste ich lernen, dass die preiswerten Batterien, die ich für die 450Ah geplant hatte sogar auf Dauer nur eine 30%-ige Entladung verkraften (bei einer Autobatterie ist das kein Problem, da beim Starten tatsächlich immer nur ein paar Prozent der Nennkapazität verbraucht werden). Damit wären wir also bei 30% von 450 Ah gleich 135 Ah Stromvorrat, also ca. 2,5 Tage ohne Kühlschrank. Statt dessen haben wir uns dann zum gleichen Preis für 300Ah einer qualitativ höheren Batterie entschieden (AGM Batterie). Unsere Batterie soll 800 Ladezyklen aushalten und in Ausnahmefällen ohne Schaden zu nehmen 80% der Nennkapazität zur Verfügung stellen. Im Normalbetrieb hätten wir also 150 Ah, was also für 3 Tage ohne Kühlschrank reichen würde.
Nun zu den Generatoren. Es gibt Yachtbesitzer, die verzichten ganz auf alternative Stromgeneratoren und lassen statt dessen einmal am Tag die Maschine laufen. Die Lichtmaschine unserer Dieselmaschine liefert ca. 40 A. Um einen Tagesverbrauch nachzuladen, müsste man die Maschine also eine reichliche Stunde laufen lassen. Falls der Kühlschrank an war, müsste die Maschine sogar 2,5 Stunden laufen. Das kommt für uns nicht in Frage. Klar war, dass ein Solargenerator her musste. Wir werden viel Sonne haben. Bei der Recherche der Windgeneratoren gab es einige kritische Stimmen. Bei den vielen Kursen mit Wind von hinten, die wir haben würden, ist der wirksame Wind an Bord natürlich reduziert. In geschützten Ankerbuchten ist auch eher wenig Wind zu erwarten. Der große Vorteil des Windgenerators ist natürlich, dass er auch nachts arbeitet. Wir selber hatten noch Bedenken bezüglich der Geräusche, die solch ein Generator macht, und nicht zuletzt ist er genauso teuer wie eine ordentliche Solaranlage und liefert nur einen Bruchteil davon, wenn eben die Sonne scheint. Nicht wenige Stimmen besagten, dass man das Geld für den Windgenerator lieber in weitere Solarpaneele und eine größere Batterie investieren sollte. Mit Schleppgeneratoren, also kleinen Wasserrädern, die man hinterher schleppt, haben wir uns nicht wirklich beschäftigt, das erschien uns zu exotisch, kaum einer hat so etwas.
Nun also die große Frage, wie viele Solarpaneele und wo diese anbringen. Auch da gibt es kaum konkrete Angaben. Die Leistung eines Solarpaneels wird in Wp (Watt peak) angegeben. Das ist die Leistung eines Paneels bei optimaler Sonneneinstrahlung und gleichzeitiger Kühlung des Paneels. Das wird also nie erreicht. Über die große Frage, wie viel Leistung man noch bei bedecktem oder leicht bewölktem Himmel bzw. in den Dämmerstunden erreicht, habe ich ebenfalls nur wenige Informationen bekommen. So habe ich einfach mal 200 Wp zugrunde gelegt. Ich habe in einem Seglerblog von einem Segler gelesen, der damit zurecht kommt, und sogar ab und zu den Kühlschrank anmachen kann. Außerdem ist das eine Größe, die wir hofften, noch unterbringen und bezahlen zu können. An Deck von SAI MANGALAM gibt es so gut wie kein Platz für Solarpaneel. So planten wir rechts und links vom Cockpit Ausleger mit jeweils 100 Wp anzubringen und zusätzlich ein 100 Wp Paneel auf dem Bimini (Sonnendach über dem Cockpit). Meine Idee war, wenn wir das Bimini aufgebaut haben, liefert das Paneel auf dem Bimini und einer der beiden Ausleger (der andere würde im Schatten liegen). Ist das Bimini abgebaut, liefern die beiden Ausleger. Dann habe ich die Halterungen für die Auslegerpaneele, die Paneele selber und zwei leichte 50 Wp Paneele für das Bimini bestellt. Die Paneele für das Bimini waren ruck zuck da, während der Rest auf sich warten ließ. Als ich die Biminipaneele angebaut hatte, war ich begeistert. Sie funktionierten einwandfrei, waren leicht und handhabbar und ich habe zusätzlich noch Ösen einbauen lassen, mit dem Plan die Biminidachpaneele irgendwo festzubändseln (z.B an der Reeling oder lose an Deck), wenn das Bimini abgebaut ist. Ich war so überzeugt und hatte sowieso Sorgen, ob die Ausleger nicht ständig im Weg sind und beim Anlegen früher oder später kaputt gehen, dass ich die Bestellung des ganzen Auslegerzeugs rückgängig gemacht habe. Statt dessen habe ich noch weitere 150 Wp von den leichten Paneelen bestellt, die dann ebenfalls auf Bimini und Sprayhood sollten und gegebenenfalls irgendwo festgebunden werden sollten, wenn das Bimini abgebaut ist. So haben wir es dann auch gemacht. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass wir das Bimini nie abbauen. Wenn die Sonne scheint, ist der Schatten auch hier in Schottland angenehm, die Morgen- und Abendsonne kommt schön an der Seite herein und wenn die Sonne nicht scheint, stört das Bimini auch nicht. Bei Regen ist es sogar ein schöner Regenschutz. Wir haben nun also 200 Wp auf dem Bimini und 50 Wp auf der Sprayhood. Optisch sind wir sehr zufrieden damit. Wenn wir die klobigen Geräteträger oder aber die Ausleger auf anderen Schiffen sehen, freuen wir uns immer über unsere Lösung.
Dann haben wir einen hochwertigen Laderegler gekauft. Dieser hat eine sogenannte MPPT Technologie. Die Solarpaneele liefern eine Spannung von ca. 21 V. Dies ist notwendig, damit bei teilweiser Verschattung der Paneele immer noch genug Spannung geliefert wird, um die 12V Batterien zu laden. Leider wird bei einem herkömmlichen Regler und voller Sonneneinstrahlung die „Überspannung“ einfach weggeworfen und nur 12V der gelieferten 21V ausgenutzt. Die Regler mit MPPT Technologie können dagegen die Spannung quasi wie ein Transformator herunter regeln und gleichzeitig ohne Energie zu verschwenden einen höheren Strom liefern. Auch sollen die MPPT Regler bei wenig Licht besonders effektiv sein. Unserer Erfahrung nach ist der Effekt phantastisch. Ich würde jedem empfehlen, die Mehrkosten für einen MPPT Regler in Kauf zu nehmen, zumal sie deutlich geringer sind, als ein weiteres Paneel. Ich staune immer wieder, dass bei bewölktem Himmel der Kühlschrank voll mit Solar betrieben wird und sogar noch eine Kleinigkeit in für die Batterien übrig bleibt.
Nun war die große Frage, wie sich das ganze System in der Praxis bewähren würde. Zu unserer Freude sind die Ergebnisse außerordentlich zufrieden stellend. Wenn wir den Kühlschrank aus hätten, könnten wir in jedem Fall unbegrenzt überleben. Selbst bei bedecktem Himmel kommen die oben erwähnten 45 Ah pro Tag rein. Vor Anker, wenn die ganze Navigation nicht läuft, könnten wir bei bedecktem Himmel fast den Kühlschrank versorgen. Sobald nur zwei drei Stunden am Tag die Sonne durch kommt, ist genug Strom für Navigation und Kühlschrank da. Sollte es an einem Tag mal ganz schlecht laufen, so verlieren wir vielleicht 30 Ah, sodass wir uns theoretisch 5 solcher schlechten Tage hintereinander leisten könnten. Bisher haben wir nur insgesamt für 3 Stunden den Motor angemacht, um nicht in ein Stromdefizit zu geraten. Und das war auf der Nordsee, da hatten wir noch nicht soviel Erfahrung. Denn selbst da hätten wir das Defizit wieder aufgeholt. Aber es war Flaute und da ist es ja nicht so unangenehm, wenn der Motor läuft. Unser Kühlschrank war noch nie abgestellt.
Nun ist die Frage, wie es im Süden laufen wird. Zu unseren Gunsten zählt, dass wir dort natürlich viel mehr Sonne als hier haben werden. Zu unseren Ungunsten zählt, dass der Kühlschrank wohl einiges mehr verbrauchen wird, dass die Tage kürzer sein werden und dass die Paneele dann heißer werden und damit an Effizienz verlieren (wenn hier bei 15° Außentemperatur die Mittagssonne auf die Paneele trifft, erreichen wir fast Watt peak). Aber mein Gefühl sagt mir, dass es insgesamt im sonnigen Süden noch einfacher als im regnerischen Schottland werden wird.
Das die Stromthematik eine so komplexe ist, ahnt ein Außenstehender überhaupt nicht. Wie bewältigen das Segler, die nicht Physik studiert haben? Man muss aber auch wirklich Freude an der Technik haben und an der Lösung der Probleme.
Nach dem Inlandsaufenthalt habt Ihr jetzt den großen Atlantik vor Euch. Ich bin gespannt, wie Ihr diese Weite bewältigt.
Weiter viel Freude!!
Auch die Bilder finde ich sehr informativ.
Sehr interessant!