Nach fünf Tagen und fünf Näch­ten auf dem Meer haben wir seit Sams­tag Mor­gen um kurz vor sie­ben wie­der fes­ten Boden unter den Füßen. Am Mon­tag früh segel­ten wir von Ijmui­den zunächst hart am Wind nach Wes­ten bis in der Nacht der Wind dreh­te und wir Kurs nach NW neh­men konn­ten. Gegen Mit­ter­nacht schlief der Wind dann aller­dings fast ganz ein. Unser Weg führ­te die ers­ten bei­den Tage mit­ten durch ein rie­si­ges Feld von Bohr­in­seln in der süd­li­chen Nord­see. Ich wuss­te bis­her nicht, wie vie­le hun­dert Bohr­in­seln es in der Nord­see gibt. Da wir Tag und Nacht durch­se­gel­ten, wech­sel­ten wir uns alle paar Stun­den mit der Wache ab (wobei Frank immer dafür gesorgt hat, dass ich zwi­schen 0 und 5 Uhr schla­fen konn­te — Dan­ke, mein Schatz!) Wäh­rend Frank schlief, habe ich das Schiff zwi­schen all den Bohr­in­seln und Fische­rei­fahr­zeu­gen hin­durch manö­vriert. In Wirk­lich­keit waren wohl immer noch ein paar See­mei­len Platz, aber ich fand es ganz schön voll. Zwei­mal wur­den wir auch ange­funkt, dass wir genug Abstand zu Unter­was­ser-Arbei­ten hal­ten, bzw. eine Bohr­in­sel süd­lich pas­sie­ren soll­ten. Das war natür­lich ganz schön auf­re­gend, plötz­lich den eige­nen Schiffs­na­men auf Kanal 16 aus dem Funk­ge­rät zu hören, aber ande­rer­seits auch wie­der beru­hi­gend, dass man unser AIS-Signal offen­sicht­lich wahr­nimmt. Denn in der Tat ist uns auf dem gan­zen Weg nach Schott­land nur ein­mal ein anders Frei­zeit­boot begeg­net, eine Segel­yacht, die von Eng­land auf dem Weg nach Osten war. Ab Mitt­woch war es dann auch mit den Bohr­in­seln vor­bei und wir sahen nur noch ein oder zwei Con­tai­ner­schif­fe am Tag. Ein­mal hör­ten wir das Moto­ren­ge­räusch von einem Frach­ter der sich in 7 sm Ent­fer­nung näher­te und uns in 3 sm Ent­fer­nung pas­sier­te. Rund um uns war nur noch das Meer soweit das Auge reicht. Der Wind schiebt uns freund­lich nach NW — immer Rich­tung Schott­land. Ein gro­ßer Frie­den liegt auf dem Was­ser und Mee­res­tie­re kom­men neu­gie­rig näher. Zwei klei­ne Schweins­wa­le mit schwar­zen Rücken­flos­sen blei­ben eine Zeit­lang in der Nähe und eine Kegel­rob­be schaut aus dem Was­ser. Möwen sam­meln sich in der Nähe des Boo­tes und als ich drei Gaya­tri als Segens­man­tra für die See rezi­tie­re, kreist eine Möwe eini­ge Male um unser Schiff und ver­sucht, auf dem Bimi­ni zu lan­den. Bei sei­ner Wache in den frü­hen Mor­gen­stun­den des letz­ten Tages hat Frank Besuch von einem 5m gro­ßen Wal, der eini­ge Male laut prus­tet und ein Stück­chen mit­schwimmt, bevor er sich wie­der ver­ab­schie­det. Da die Wind­selbst­steu­er­an­la­ge zuver­läs­sig steu­ert, muss der “Dienst­ha­ben­de” “nur” im Auge behal­ten, ob die Rich­tung noch stimmt und ob nicht doch irgend­wo irgend­ein Schiff auf­taucht. Der Kurs vor dem Wind ist kom­for­ta­bel und das Leben an Bord ange­nehm. Wäh­rend mei­ner Wache wasche ich mir im Cock­pit die Haa­re und habe spä­ter Zeit, in Ruhe zu kochen. Wir kön­nen sogar zusam­men essen, ohne dass einer immer am Steu­er ste­hen muss, denn “Lisa” steu­ert. Trotz­dem ist man auf dem Schiff immer in Bewe­gung und muss kräf­tig zupa­cken. Vie­le Male am Tag geht es die drei Stu­fen vom Cock­pit in den Salon hin­un­ter und hin­auf, wobei man sich meis­tens ordent­lich fest­hal­ten muss. Beim Kreu­zen wir­ken so star­ke Kräf­te, dass es schon eine Her­aus­for­de­rung ist, sich eine Hose anzu­zie­hen oder eine halb vol­le Tas­se Kaf­fee nach oben ins Cock­pit zu trans­por­tie­ren. Für den Kaf­fe-Trans­port nach oben bevor­zu­ge ich dabei inzwi­schen die Metho­de, mich rück­wärts auf eine Stu­fe zu set­zen, den Rücken an die Lee-Wand zu drü­cken, mit einer Hand fest­zu­hal­ten und dann Stu­fe für Stu­fe nach oben zu schie­ben. Das Set­zen der Segel und Dicht­ho­len der Scho­ten mit Hil­fe der Win­schkur­bel oder das Aus­baumen der Genua braucht echt Muck­ies. Obwohl Frank eigent­lich alle schwe­ren Arbei­ten macht, schei­nen auch an mei­nen Armen dicke Mus­kel­pa­ke­te zu wach­sen und aus den zar­ten Schreib­tisch­hän­den wer­den Schraub­stö­cke. Wenn früh am Mor­gen der Wecker geht, spü­re ich jeden Mus­kel. Am Don­ners­tag Mit­tag fei­ern wir die Über­que­rung des Null-Meri­di­ans mit einer vega­nen Tafel Scho­ko­la­de. Ab Frei­tag dreht der Wind wie­der und frischt ordent­lich auf. Nun müs­sen wir die letz­ten 70 sm gegen den Wind kreu­zen. Es ist herr­li­ches Segel­wet­ter, bei Son­nen­schein und 4–5 Wind­stär­ken düst die SAI MANGALAM durch die Wel­len. Nach­mit­tags kommt Schott­land in Sicht (ein auf­re­gen­des Gefühl “Land in Sicht!”) aber wir wen­den und segeln erst ein­mal wie­der nach NO davon. Erst am nächs­ten Mor­gen lau­fen wir in Peter­head Har­bour ein und machen die SAI MANGALAM in der Bay Mari­na fest.

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